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Neue Gesch�ftsmodelle gefragt

Der digitale Grossformatdruck eröffnet eine grosse Breite an möglichen Anwendungen. Allerdings gibt es auch hier eine immer stärker werdende Konkurrenzsituation unter den Druckdienstleistern. Was tun dagegen? Angela Starck

Die Organisatoren der diesjährigen Fespa wollen mit dem Motto «dare to print different» Mut machen, sich mit neuen und Erfolg versprechenden Entwicklungen und Ideen in der Branche auseinanderzusetzen. Das Motto, mit dem zu Mut zum andersartigen Druck aufgerufen wird, verweist gemäss den Fespa-Organisatoren auch darauf, wie Druckdienstleister ihre Potenziale ausschöpfen und sich durch neue Produkte und Geschäftsmodelle vom Wettbewerb abheben können.

Dabei geht es um innovative Applikationen und Geschäftsideen, die mit dem digitalen Grossformatdruck realisierbar sind und die gleichzeitig auch in der heutigen Zeit noch interessante Geschäftsmöglichkeiten versprechen.

Die Konkurrenz wächst

Tatsächlich wird es im inzwischen hart umkämpften LFP-Markt immer schwieriger, eine Nische zu finden, in der der Druckdienstleister sein Geschäft aufbauen beziehungsweise erweitern kann. Grosse Online-Anbieter decken den Markt an grossformatigen Standard-Anwendungen wie Plakate, Fahnen, Planen oder Banner inzwischen zu einem grossen Teil ab. Dabei sind die Preise günstig, da die Produktion weitgehend optimiert ist: der Bestellprozess ist einfach, die Lieferzeiten kurz und es würde wenig Sinn machen, sich mit diesen Giganten auf einen Preiskampf einzulassen.

Doch wo liegen die Erfolgschancen von Grossformat-Druckdienstleistern ausserhalb des Standards? Hier sind vor allem Ideen gefragt, die den einzelnen Anbieter von der Masse abheben. Und die möchten die Fespa-Organisatoren den Messebesuchern nahe bringen.

Innovative Applikationen werden vor allem durch neue Technologien, Tinten und Bedruckstoffe befeuert und auch hinsichtlich des Service rund um den Druck sind die Möglichkeiten für Dienstleister noch längst nicht ausgereizt.

Fragt man Brancheninsider nach den Bereichen, in denen die grössten Ertragschancen bestehen respektive in welche Bereiche ein Grossformatdrucker am ehesten lohnenswert investieren könnte, so sind dies in erster Linie individuelle Interior-Design-Anwendungen, der digitale Textildruck und die steigende Nachfrage nach Öko-Druckprodukten, die möglichst frei von Schadstoffen sind. Auch ein umfassender Kundenservice wird immer häufiger gefordert.

Individuelles Interior Design

Die Individualität, die der digitale Grossformatdruck erlaubt, ist bei der Suche nach lohnenswerten Anwendungen einer der wichtigsten Schlüsselfaktoren. So erfreut sich zum Beispiel die individuelle Gestaltung im Interior-Design-Segment, also bei der Dekoration und Einrichtung von Geschäfts- und Wohnräumen, wachsender Beliebtheit. Als Märkte mit guten Wachstumschancen gelten insbesondere das individuelle Bedrucken von Textilien und Tapeten.

Für Grossformatdruck-Dienstleister kann der Druck von Interior-Design-Objekten in Klein- und Einzelserien ein attraktiver Nischenmarkt sein. Gerade interessante, neuartige Designideen, die dem Kunden die gewünschte Individualität verleihen, sind gefragt.

Insbesondere für Businesskunden sind die Möglichkeiten der individuellen Gestaltung interessant. So unterliegt die Gestaltung von Geschäftsräumen heute schnelleren Veränderungszyklen und mit digital bedruckten Einzelstücken oder Kleinserien wie Wanddekor und Einrichtungsgegenständen kann man schnell und verhältnismässig kostengünstig Büros, Besprechungs- und Empfangsräumen, Restaurants, Ladengeschäften, Messeständen, Hotels und öffentlichen Gebäuden einen individuellen Touch verleihen und damit Markenidentität und Wiedererkennungswerte schaffen.

Textildruck eröffnet Chancen

Der digitale Textildruck ist wohl der Anwendungsbereich, der heute die besten Geschäftschancen bei den Grossformatdruck-Dienstleistungen verspricht. Dieses Segment umfasst verschiedene Anwendungsbereiche. Soft Signage, der Druck von unter anderem Fahnen, Bannern, Textilpostern, Roll­up-Displays und Messesystemen setzt sich immer mehr durch, weil sich Textilien im Gegensatz zu Vinylbannern oder Papierplakaten deutlich besser handhaben lassen. So sind Textilen wieder verwendbar, klein zu verpacken, schwer zu zerstören und leicht zu installieren. Hinzu kommt ihr verhältnismässig geringes Gewicht, wodurch die Transportkosten vor allem bei grossen Kampagnen deutlich geringer gehalten werden als dies etwa bei schweren Vinylmaterialien der Fall ist. Diese Vorteile wiegen den höheren Preis, den der Kunde für diese Applikationen zahlen muss, in der Regel auf.

Eine zunehmende Nachfrage gibt es auch nach XXL-Textildrucken in Breiten bis fünf Metern – hier geht es zum Beispiel um nahtlose Soft-Signage-Applikationen oder gedruckte Bühnenbilder mit Auflage eins.

Eine weitere Erfolg versprechende Textildruckanwendung ist der digitale Druck von Bekleidung. Häufig angeboten wird das Bedrucken bereits fertig genähter Bekleidung wie T-Shirts. Geht es allerdings um die Produktion von Bekleidung in kleinen Auflagen oder als Prototypen, sind die Wachstumserwartungen von Brancheninsidern besonders hoch.

Allerdings wird dieser Markt von Grossformat-Druckdienstleistern nur langsam erschlossen, denn die Branche ist sehr traditionell aufgestellt und die Barrieren für den Einstieg sind nicht niedrig. Zudem unterscheidet sich der Workflow für die Herstellung digital gedruckter Bekleidung wesentlich von dem zur Herstellung für andere Bereiche des digitalen Gross­formatdrucks. Herausforderungen liegen etwa in Entwurf/Kreation, in der Abstimmung der Farben und auch beim abschliessenden Schneidern der Bekleidung.

Dennoch, die Chancen in diesem Geschäftsfeld liegen darin, dass sich neue Kundenkreise wie fortschrittliche Designer und kleinere Fashion-Labels erschliessen lassen, die so die Möglichkeit bekommen, kreativ mit besonderen und ausgefallenen Stoffmustern zu arbeiten und mit diesen möglichst risikolos das Kaufinteresse des Verbrauchers zu testen.

Optimistische Stimmen spekulieren bereits, dass sich ein Teil der nach Asien verlagerten Textilindustrie mit dem digitalen Textil- und Bekleidungsdruck wieder nach Europa zurückholen liesse. Denn ein wichtiger Gesichtspunkt sind auch die steigenden Ansprüche der Bekleidungsindustrie beim Time-to-Market. Die Zeit, die vergeht vom Design des Stoffs und des Kleidungsstücks bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Ware in den Regalen der Shops liegt, lässt sich mit dem digitalen Bekleidungsdruck drastisch verkürzen – bei den Heimtextilien ist die Situation ähnlich. Bereits heute drucken Labels wie Zara oder Desingual einen Teil ihres Angebots bereits wieder digital in Europa.

Umwelt im Fokus

Darüber hinaus legen die Kunden von Grossformatdruck-Dienstleistern in zunehmendem Masse Wert darauf, dass die Produkte unter der Beachtung von Umweltgesichtspunkten hergestellt werden.

Insbesondere, wenn es um Applikationen für den Innenbereich geht, steigen die Anforderungen nach Ausdünstungsfreiheit beziehungsweise möglichst geringer Geruchsbelastung. Dies ist auch nicht weiter verwunderlich, wenn man bedenkt, dass Large Format Prints immer häufiger in sensibleren Innenräumen wie Schulen, Kindergärten oder Krankenhäusern Verwendung finden, die strengen gesundheitlichen Anforderungen unterliegen.

So ist es von Vorteil, wenn ein Dienstleister Anforderungen dieser Art erfüllen kann, und er darüber hinaus die Möglichkeit hat, seine Kunden umfassend zu informieren, denn es herrscht häufig Unklarheit, welche Druckverfahren respektive Tinten als nicht gesundheitsschädlich bezeichnet werden können.

Allein wasserbasierte Tinten gelten allgemein als ausdünstungsfrei. Bei allen anderen Tintenarten besteht zumindest eine Gefahr, dass sie Schadstoffe und flüchtige Lösungsmittel enthalten und ausdünsten können.

Auch die Bedruckstoffe für den grossformatigen Inkjetdruck sind nicht unbedingt umweltverträglich. Für Papiere und Textilien gibt es zwar schon lange Öko-Zertifizierungen wie PEFC, FSC und Oeko-Tex-Standard. Bei anderen Bedruckstoffen wie Folien herrscht dagegen häufig Unklarheit hinsichtlich ihrer Umweltverträglichkeit. Immerhin gelten PVC-freie Materialien wie Polypropylen und Vinyl-Materialien als nicht umweltbelastend – sind aber auch nicht für jeden Einsatzzweck geeignet.

Gerade für den digitalen Textildruck, das beim Druck von Inneneinrichtungen am häufigsten zum Einsatz kommende Verfahren, spricht auch seine ökologische Verträglichkeit. Zwar gibt es unterschiedliche Techniken, um Textilmaterialien entweder direkt oder über den Umweg über Transferpapier digital zu bedrucken, aber in der Regel sind die verwendeten Tinten wasserbasiert sowie geruchsneutral und viele der textilen Bedruckstoffe gelten ohnehin als umweltfreundlich.

Um dem Druckdienstleister und seinem Kunden in dieser Hinsicht mehr Sicherheit zu geben, gibt es verschiedene Zertifikate für Tinten wie etwa Greenguard, Eurofins oder Nordic Swan, die sich dem Schutz vor Schadstoffbelastung und der Verbesserung der Luftqualität in Innenräumen widmen.

Service als Erfolgsrezept

Drucken kann jeder LFP-Dienstleister. Schwieriger wird es, wenn der Kunde darüber hinaus umfangreiche Serviceleistungen erwartet. Je mehr Serviceleistungen der Drucker seinem Kunden rund um die Weiterverarbeitung, den Versand und die Installation/Montage der Applikationen anbieten kann, desto attraktiver stellt er sich am Markt auf und umso eher sind Kunden bereit, höhere Preise zu zahlen, als dies bei einem «Nur-Drucker» der Fall wäre.

So hat der Druckdienstleister, anders als die Online-Giganten, die Möglichkeit, für seinen Kunden ein individuelles Leistungspaket zu schnüren – etwa wenn es um die Konzeption eines individuellen Messestands oder auch den Druck und die anschliessende Montage eines XXL-Plakats geht.

Serviceleistungen rund um den grossformatigen Druck sind neben der Weiterverarbeitung wie dem Einnähen von Befestigungsmöglichkeiten und dem Versand der Druckprodukte zum Beispiel komplizierte Montagen vor Ort, zu denen verschiedene Beleuchtungskonzepte aber auch statische Berechnungen zur Beachtung sicherheitstechnischer Anforderungen wie der Windlast gehören. Auch das Einholen der erforderlichen Genehmigungen kann ein Alleinstellungsmerkmal eines Grossformatdruck-Dienstleisters sein. Erfolg versprechend ist es zudem etwa, wenn man auch grössere Projekte, die mehrere Produkte umfassen, im Auftrag des Kunden planen und durchführen kann. Dabei bietet sich häufig auch die Zusammenarbeit mit spezialisierten Partnerunternehmen an. ↑